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Die Welt der kleinen Krabbeltiere

Vorgestellt: Keine Gallen -  Terata

 

Mit dieser Geschichte starten wir eine Serie über Gallen an Pflanzen. Als Gallen gelten Erscheinungen abnormen Wachstums, die durch die Einwirkung von Lebewesen (Pflanzen, Tiere, Bakterien, Pilze) oder Viren entstehen. Der  Schwerpunkt der Serie liegt - entsprechend des Themas unserer Website -  bei solchen Gallen, die durch Kleine Krabbeltiere (Arthropoda) erzeugt werden. Doch zunächst lassen wir den Blick über unseren Tellerrand hinaus schweifen.

Im Unterschied zu Gallen gibt es auch Formen abnormen Wachstums, deren Ursache keine äußeren Einflüsse, sondern genetische Defekte sind. Solche Defekte bringen meist funktionslose oder die Pflanze in ihren Lebensabläufen störende Formen hervor. Sie lassen gelegentlich Aspekte der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Pflanze erkennen und lassen sich dadurch von Gallen unterscheiden. Solche genetischen Defekte bei Pflanzen heißen "Terata". 

Teratum an Wald-Weidenröschen: Verbänderung
Wald-Weidenröschen
Teratum am Roten Fingerhut: Peloria
Roter Fingerhut
Teratum an einer Gartenrose: durchgewachsene Blüte
Gartenrose
Teratum an der Kanadischen Goldrute: doppelte Windung des Sprosses
Kanadische Goldrute

 
Im linken Bild sehen Sie ein Wald-Weidenröschen, dessen genetischer Defekt darin besteht, dass der Spross mit seinen Blütenanlagen in der Breite vervielfacht wurde.
Verbänderung heißt dieser Typ eines Teratums.  

Rechts daneben sehen Sie eine Pflanze des Roten Fingerhuts. Teil seines genetischen Defektes ist die fehlende rote Farbe; wichtiger jedoch ist die Veränderung der Blütenform: der Spross, an dem die leicht unsymmetrischen Fingerhut- blüten hängen, endet ausnahmsweise mit einer völlig symmetrischen, weit offenen und stehenden Blüte. Peloria heißt dieser genetische Defekt. So oder so ähnlich hat die Fingerhutblüte vor der Ausbildung einer unsymmetrischen Blüte im Verlauf der Evolution einmal ausgesehen. Das genetische Codestück, das das für die Familie der Braunwurzgewächse typische Merkmal der Blüten-Asymmetrie trägt, konnte bei dieser Blüte (durch Fehlen? durch Zerstörung?) nicht zur Ausprägung kommen.

Die Blüte der Gartenrose ist durchgewachsen: Den Kronblättern sollten ja eigentlich die Staubblätter und der Stempel folgen und auf diese Weise die Sprossachse abschließen. An der Stelle der Staubblätter und des Stempels ist jedoch erneut eine vollständige Knospe mit Hüll- und Kronblättern ausgebildet. Offenbar wurde das genetische Code-Stück für den Kranz der Kronblätter doppelt umgesetzt.

Die Kanadische Goldrute zeigt als genetischen Defekt eine doppelte Windung in ihrer Sprossachse, um dann weiter in die ursprüngliche Richtung zu wachsen. Hier haben die Zellen auf der einen Seite des Sprosses durch Zellteilung Wachstum erzeugt, auf der anderen nicht, so dass die Windung im Spross entstand. 

Terata zeichnen sich durch Vervielfachung oder Wegfall genetisch vorgesehener Gewebe- und Organstrukturen aus. Gallen hingegen sind durch die Neubildung genetisch nicht vorgesehener Gewebestrukturen gekennzeichnet.


 nächstes Bild Terata Virengallen Bakteriengallen Pilzgallen
Nemathodengallen Gallmilbengallen Gallwespengallen Zehrwespengallen
Blattwespengallen Gallmückengallen Fliegengallen Schmetterlingsgallen
Käfergallen Pflanzenlausgallen

Foto: José Verkest, Text: Maria Pfeifer